Daniel Hächler führt die Familienbäckerei in sechster Generation. Das traditionelle Handwerk liegt ihm am Herzen; gleichzeitig bringt er viel frischen Wind in den Betrieb. Wir durften ihm bei der Produktion der mit Gold prämierten Croissants über die Schulter schauen. 

Daniel Hächler steht hinter der Kolbenmaschine und reicht mir zur Begrüssung die Hand, einen Cappuccino und eines seiner berühmten Croissants. Mit diesen und seinem Baguette hat er 2018 an der Swiss Bakery Trophy Gold gewonnen. Er zeigt auf die Ahnengalerie, die an der Wand hinter mir hängt, und erzählt von seinem Ururgrossvater und der Gründung der Bäckerei Hächler im Jahre 1875. Ich höre ihm zu und versuche währenddessen, das Croissant zu halbieren. Es gelingt mir nicht wirklich; es liegt in Stückchen. Das Tablett sieht aus, als wäre das Croissant explodiert. Bestürzt schaue ich Daniel an, er lacht. Ja, das sei eben die Blättrigkeit seiner Croissants. Ein bisschen «Sauerei» gehöre dazu. 

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Die stolze Ahnengalerie der Hächlers.

Moderner und viel mehr Platz

Mir schmeckt’s. Wir gehen vom Tearoom in die Backstube. Sie ist hell und geräumig dank grossen Fenstern und hellem Holz. «Wir haben 2021 den Neubau eröffnet», erzählt mir Daniel Hächler stolz. «Früher war die Backstube vorne, wo jetzt unser Tearoom ist. Hier hinten haben wir viel mehr Platz zum Arbeiten und alles ist moderner. » Beim Umbau wurde nebst der neuen Kühlanlage ein neuer Ofen eingebaut, in dem weiterhin auf Schamottstein gebacken wird. Daniel holt Croissant-Teig aus dem Kühlraum, touriert ihn und zeigt mir die Schichten. «Siehst du, wie fein und regelmässig sie sind? Das ist etwas ganz Besonderes.»  

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Die helle und lichtdurchflutete Backstube.

Die Freude am Beruf ist in jedem seiner Worte spürbar. Schon als Kind hat er in der Backstube gespielt. Trotzdem hat er das Handwerk erst während der Lehre und seiner «Wanderjahre» für sich entdeckt. Heute ist er mit Leib und Seele Bäcker, und seit Januar 2019 ist der Bäckermeister Geschäftsführer des Familienbetriebs. Bei seiner Übernahme hat er das ganze Sortiment unter die Lupe genommen , gewisse Produkte gestrichen und Abläufe verbessert. Er optimiert gerne alte Rezepte und transformiert sie dadurch in die heutige Zeit, erzählt er mir. «Auch mein Vater hat bei seiner Übernahme viel verändert, denn mit jeder neuen Generation kommt neues Wissen in den Betrieb.» Der Kerngedanke – das Bäckerhandwerk entsprechend zeitgemäss weiterzuführen – bleibt wie bei seinen Vorfahren erhalten. 

Mit jeder neuen Generation kommt neues Wissen in den Betrieb.

Daniel Hächler

Inhaber

Qualität vor Quantität

«Heute ist eine Schweizer Bäckerei oftmals eine Patisserie, eine Konditorei, ein Café und ein kleiner Dorfladen in einem», kritisiert Daniel, «das ist in anderen Ländern nicht so.» Viele Bäckereien versuchen, mit ihrem Vollsortiment jedes Bedürfnis potenzieller Kunden abzudecken. So war es auch bei der Bäckerei Hächler. Doch statt die Infrastruktur mit einer Küche und Gastronomie zu ergänzen, schlug Daniel einen anderen Weg ein: weg vom Vollsortiment, zurück zur Tradition.

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Traditionell von Hand hergestelltes Brot.

Ein zu umfassendes Angebot benötigt viel Personal und besondere Geräte. Damit das rentabel bleibe, werde oft zu Halbfabrikaten gegriffen. Viele Berufskollegen schlugen ihm immer wieder vor, aus Zeitgründen die Mandelmasse oder andere Füllungen nicht mehr selbst herzustellen. Daniel weigerte sich konsequent. Auch heute steht er fest zu dieser Entscheidung: «Lieber reduzieren wir die Auswahl, als Abstriche bei der Qualität zu machen. Mein Handwerksstolz lässt nicht zu, dass wir aus Effizienzgründen weniger von Hand selbst herstellen.» 

Aus einfachsten Zutaten etwas Einzigartiges machen, das ist meine Leidenschaft.

Daniel Hächler

Bäckermeister

Kaffee und Kuchen

Ein Mittagsmenü und eine warme Küche wird es bei Hächlers nicht geben, solange Daniel Geschäftsführer ist. Im neuen Tearoom setzt er stattdessen auf guten Kaffee und Kuchen. Es gebe gute Restaurants im Dorf, da müsse er nicht mitmischen. Daniel breitet den Teig aus, faltet ihn mittig und schneidet ihn in einheitliche Dreiecke. «Einige Kunden waren enttäuscht, als wir ihr Lieblingsbrot plötzlich nicht mehr im Sortiment hatten. Doch sie zeigten Verständnis. Ausserdem bedeutet eine kleinere Auswahl bei uns nicht weniger Qualität, das haben sie schnell gemerkt.» Ein Brot, das von Hand geformt wurde, schmeckt anders, davon ist Daniel Hächler überzeugt.

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Das neue Tearoom lädt zum Verweilen ein.
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Das mit Gold ausgezeichnete Croissant.

Temperatur ist entscheidend

Auch in seinen Croissants steckt viel Handarbeit. Ich beobachte, wie er die Dreiecke zu Croissants rollt. Er arbeitet schnell und konzentriert. «Die richtige Temperatur ist entscheidend», erklärt er. «Butter und Teig müssen die gleiche Konsistenz haben. Da muss man schnell arbeiten: Wird der Teig zu weich, verschieben sich die Schichten.» Er schiebt das letzte Blech  auf den Wagen und rollt ihn in den Kühlraum. 

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Gegen Lebensmittelverschwendung: Quentin Biechy füllt Croissants vom Vortag mit gekochten Äpfeln und bestreicht sie mit frischer Mandelmasse.

Das Sauerteig-Dreierlei

Daniel Hächler kommt zurück mit einem verschnürten Stoffbündel in der Hand. «Das ist unsere Mutterhefe, das Herz. Ich würde dir gerne eine aufregende Story erzählen über die Entstehung unseres Sauerteigs. Eine Abenteuergeschichte aus den Zeiten meines Ururgrossvaters.» Er lächelt verschmitzt: «Doch leider gibt es keine solche Geschichte. Ich wollte in den Rezepten mehr Sauerteig verwenden und habe deshalb Sauerteig angesetzt. » Um genau zu sein: Es sind drei verschiedene Sauerteige für seine reinen Brote aus Roggen, Dinkel und Weizen.

«Ich habe viel experimentiert, bis ich mit den neuen Rezepten zufrieden war. Habe an den alten Rezepten getüftelt, hier und da die Hefemenge reduziert und Sauerteig beigefügt. Nahrungsmittel faszinieren mich. Aus einfachsten Zutaten etwas Einzigartiges machen, das ist meine Leidenschaft.» Und: Das Endprodukt ist nur so gut wie die Qualität der verwendeten Rohmaterialien. Bei diesen sollte nie gespart werden, ist der Bäckermeister überzeugt. «Der Preisunterschied ist gering, der  Qualitätsunterschied jedoch gewaltig.»

Lokal und regional

Die Charcuterie erhält Daniel von der lokalen Metzgerei, die Eier vom Bauern, die Milch von der Dorfkäserei wenige Häuser weiter und das Mehl von der Mühle Seengen. Das verarbeitete Getreide wächst in nächster Umgebung der Backstube – das hat nicht jeder. Das Mehl von der kleinen Mühle fordert fachkundige Hände, denn jede Charge fällt ein wenig anders aus. «Das ist bei Naturprodukten normal. Nach zwei bis drei Tagen sind alle Rezepte wieder eingestellt. Da kommt die Expertise zum Tragen», erzählt Daniel stolz.

Eine schlechte Getreideernte hat vor allem auf hefehaltiges Brot einen starken Einfluss. Sauerteigbrote sind weniger anfällig. Ein weiterer Grund, weshalb er mittlerweile in fast jedem Rezept den Hefeanteil reduziert hat und Sauerteig verwendet. Sogar seine Croissants enthalten Sauerteig. «Er rundet den Geschmack ab und sie haben einfach mehr Substanz.» 

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Zum Betrieb

Bäckerei Konditorei Hächler

5707 Seengen
 

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Gegründet: Die Bäckerei wurde 1875 von Ludwig Hächler II. in Seengen AG gegründet.

Zwei Standorte: Eine Filiale mit Tearoom in Seengen und eine Filiale in Gränichen

Heute: Seit Januar 2019 führt Daniel Hächler die Bäckerei in sechster Generation.

Beliebt: Urdinkelbrot, Seenger Steine (Pralinéspezialität), Bundesratstorte

Special: 2018 wurden Hächlers Croissants und das Baguette an der Swiss Bakery Trophy mit Gold ausgezeichnet. Mit seinem Schoggi Panettone hat sich Daniel Hächler für die Weltmeisterschaft 2024 qualifiziert. 

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Daniel Hächler ist mit Leib und Seele Bäcker.

Zurück zum Einfachen

Auch die lange Teigführung ist für Daniel Hächler essenziell: «Unser ganzer Prozess ist darauf ausgerichtet. Wenn die Ruhezeit eingehalten wird, sorgt das automatisch für Knusprigkeit und Geschmack. Beim Umbau haben wir besonders darauf geachtet und entsprechende Temperaturzonen eingeplant. Das hat sich bewährt.» Bei der Bäckerei Hächler werden die Teige während drei Tagen immer wieder in die Hände genommen, bearbeitet und wieder ruhen gelassen. «Zu sehen, wie sich der Teig in dieser Zeit entwickelt und wie aus handwerklichem Können ein Brot wird, das gleichsam saftig und knusprig ist, das fasziniert mich seit jeher.»

Als Lernender träumte er von komplizierten Gebäcken mit ausgefallenen Geschmackskombinationen. Das Exotische faszinierte zu Beginn mehr als das Einfache. Doch schnell erkannte er die wahre Schönheit der kleinen Dinge. «Ein Panettone ist auch nichts anderes als Eier, Butter, Zucker, Mehl und Lievito Madre (Mutterhefe, Anm. der Redaktion). Und doch entsteht daraus etwas Einzigartiges. Wahre Handwerkskunst.»

Einfacher, weniger, simpler; ist das das Geheimnis von gutem Brot? Ja, zumindest was Daniels Backkunst anbelangt. Ich danke ihm für den spannenden Einblick und verabschiede mich mit einem Bauch voller Croissant und einem frischen Urdinkel in der Hand. 

Fotos: Jonas Weibel

Pistor Marketing Mitarbeitende Magdalena Schawohl

Magdalena Schawohl

Autorin

Worte sind für mich immer Taten, denn sie können berühren, bewegen und begeistern.

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