Das Café Kornsilo ist ein kleiner Verpflegungsbetrieb im Herzen der Mühle Tiefenbrunnen. Das Quartierlokal bildet mit der Terrasse quasi den Dorfplatz des Kultareals. Umgeben von Einkaufsmöglichkeiten, Theater, Museum und Räumen für Konferenzen bietet das Café Kornsilo eine innovative Schweizer Tagesküche, die Brotresten eine zweite Chance gibt.

Die Mühle Tiefenbrunnen besteht aus einem grossen Gebäudekomplex mit gelb-roter Backsteinmauer, kleinen Türmen und hohen Fenstern. Sie gilt als urbane Insel im Zürcher Quartier Riesbach. Am Eingang in den Innenhof brennt im Café Kornsilo bereits um 08.00 Uhr Licht. Das Mahlen der Kaffeemaschine, der Geruch nach frischem Brot und ein freundliches «Guten Morgen» im bestem Züri-Deutsch empfangen mich. Das warme Licht der senkrechten Neonröhrenkronleuchter strahlt über die Rohbetonmauern des früheren Kornsilos und die aus verschiedenen Holzarten gefertigten Tische. 

Brotbier vom «Seebueb»

Michael Wehrli, der Eigentümer der Mühle Tiefenbrunnen setzt sich zu uns an den Tisch und erklärt, dass er in seiner Kindheit schon hier auf der Terrasse gespielt habe. Es erfülle ihn mit Stolz, mit seinem 25-köpfigen Team den Gästen eine Art «Quartier-Stube» zu bieten. Seine Leidenschaft für die Gastronomie widerspiegelt sich in der fast kompromisslosen Schweizer-Herkunft des Produkteangebots. «Auf dem Mühle Tiefenbrunnen-Areal befinden sich zwei Restaurants: die blaue Ente und das Café Kornsilo. Mit der Brauerei Seebueb aus Hombrechtikon haben wir eine lokale Brauerei, die diverse Biersorten aus Bio-zertifiziertem Hopfen und Gersten von Uetikon am See braut», erklärt Michael Wehrli und fährt fort: «Die Brauerei Seebueb experimentiert gerne. Das gemeinsam entwickelte Brotbier zum Beispiel bieten wir im Frühling in den beiden Betrieben und im Theater an. Es war äusserst spannend mit einem anderen Rohstoff als Gerste ein Bier gären zu lassen.»

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Michael Wehrli (R) und Armin Waldvogel, ein starkes Duo, das innovative Konzepte in der Gastronomie realisiert.
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Ich lege besonderen Wert auf Rezepte mit Brotresten.

Kalu Crabbe

Küchenchef

Serviettenknödel aus Brotresten

Wir gehen hinüber ins Restaurant Blaue Ente. In der Küche steht Kalu Crabbe an der brutzelnden Lyonerpfanne und wendet rechteckige Stücke. Meinen fragenden Blick beantwortet der sympathische Küchenchef freundlich: «Das hier sind Serviettenknödel aus Brotresten wie Sauerteig-, Nuss- und Halbweissbrot. Die weiteren Resten verarbeiten wir getrocknet zu Paniermehl.» Übrigens eignen sich Gipfeli nicht für Paniermehl, weil der Teig Zucker enthält. Dieser verbrennt im heissen Öl und wird bitter. Darum kreiert der versierte Küchenchef aus den Gipfeliresten die Götterspeise für das Tagesmenü. Doch damit nicht genug. Ein weiteres Highlight ist in Zusammenarbeit mit Premium Swiss Chocolate GmbH Taucherli entwickelt worden: Die Sauerteigbrotschokolade. Bei diesem Rezept wird getrocknetes Sauerteigbrot fein gemahlen, mit flüssiger Schoggi vermischt und in eine Form gegossen. 
 

Zurück im Café Kornsilo begrüsst uns – den Fotografen und mich – ein grossgewachsener, bärtiger Mann und stellt sich gleich selbst vor: «Es freut mich. Mein Name ist Armin Waldvogel, ich führe die beiden Gastrobetriebe. Wir legen beim Einkauf grossen Wert auf die Herkunft und den Einsatz der Lebensmittel.» Seit kurzem wird sogar das Brot im Betrieb produziert – gleich nebenan im Museum im Mühlerama. Der Hausbäcker Andreas Rohner habe das Brotsortiment komplett angepasst und exklusiv für die Restaurationsbetriebe im Areal eine Sauerteig-Mutter angelegt. Er gab ihr sogar einen Namen und taufte sie «Punchy». Seither verantwortet «Punchy» rund 80 Prozent der betriebseigenen luftig-knusprigen Brote.
 

Punchy – die Mutter der Teige.

Armin Waldvogel

Geschäftsführer

Das Saure bleibt länger frisch

«Wir experimentieren gerne mit den Resten des Brotangebots.» Denn damit könne er dem Gast etwas erzählen, sagt er begeistert: «Zum Beispiel wie <Punchy> für uns arbeitet oder dass wir das Vollkorn- und das Steinmühlemehl in der hauseigenen Mühle Tiefenbrunnen nebenan mahlen lassen.» Ein weiteres Experiment findet sich auf dem Brotbuffet. Von einer Auswahl an sechs bis sieben Broten schneidet der Gast sein Brot selbstständig. Mutig ist auch die nächste Idee: Um zu zeigen, dass das Sauerteigbrot auch nach ein oder zwei Tagen noch frisch schmeckt, bot die Café Kornsilo-Crew das Brot von gestern an. «Das Brot war oft zwei Tage alt und trotzdem waren die Gäste überrascht von seinem frischen Geschmack», erklärt der Geschäftsführer stolz. Eins ist sicher: All diese Experimente können nur geschulte Mitarbeitende durchführen. «Erst durch das Fachwissen kommt die Freude am Lebensmittel», erklärt der bärtige Geschäftsführer. Mit einem Seitenblick weist er auf die beiden Servicemitarbeitenden Ruben und Hiri hin. Und wir können beobachten, wie Ruben zwei Tische weiter Gästen die Brotsorten und deren Zusammensetzung erklärt. Zwischendurch dringt auch das Wort «Punchy» an unsere Ohren. 

Der Barkeeper als Wurster

Alle angebotenen Produkte und Lebensmittel in der Mühle Tiefenbrunnen haben eine Geschichte. Dies ist für die Betreibenden weiter nichts Aussergewöhnliches. Ein schönes Kapitel darin schreiben die Mitarbeitenden: Sie alle werden integriert und in ihren Stärken gefördert. Kalu Crabbe zum Beispiel arbeite seit rund einem Jahr im Café Kornsilo und sei mit der Qualität des Baguettes nicht glücklich gewesen. Da entwickelte er gemeinsam mit Andreas Rohner ein Baguette nach seinem Gusto. Das Feedback der Gäste gab ihm recht. Ein anderes Beispiel ist der Barkeeper. Er ist ausgebildeter Metzger. Bei der Anlieferung eines Sommerbocks wetze er seinen Ausbeinler, ziehe dem Bock kurzerhand das Fell über die Ohren und stelle aus dem Fleisch schmackhafte Wurstwaren her. Armin Waldvogel’s Begeisterung für das Unternehmen ist zu spüren und seine Passion für die Gastronomie ist so ansteckend. Kein Wunder, vermehrt sie sich unter den Mitarbeitenden wie die «Punchy»-Bakterien im Sauerteig.

Bilder: Jürg Waldmeister / Martin Stollenwerk
 

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Wow

Museum Mühlerama

Auf dem Tiefenbrunnen-Areal befinden sich verschiedene Gebäude. Das Herzstück ist das Museum in der 1986 umgebauten Industriemühle aus dem Jahr 1913. Die Mühle produziert jährlich etliche Tonnen Mehl. Die Dauerausstellung vermittelt dem Publikum auf anschauliche und interaktive Weise die Kulturgeschichte der Müllerei, der Mühle Tiefenbrunnen und der Müllerfamilie Wehrli. Am Puls der Zeit werden jährlich Sonderausstellungen zu aktuellen Themen der Ernährung, Gesundheit und Nachhaltigkeit gezeigt, ergänzt durch eine reiche Palette an Workshops. Besonders beliebt sind Brotback-Kurse, Führungen durch die historische Mühle und Sonderausstellungen. Das Mühlerama hat sich im Laufe der Jahre einen ausgezeichneten Ruf als lebendiges, erlebnisreiches und sinnliches Museum erworben.

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Zum Betrieb

Café Kornsilo

Mühle Tiefenbrunnen
Seefeldstrasse 231
8008 Zürich
Tel: 044 389 90 67

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Erich Büchler

Erich Büchler

Autor

Früher kreierte ich als Koch aussergewöhnliche Gerichte aus Schlüsselblumen und Brennnesseln.

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